Schnell und erfolgreich

Die Geschichte von Jean-Luc zeigt, wie man trotz Umwegen schnell und aufstrebend sein kann und warum gerade diese Umwege oft unverzichtbar sind.

Erster Sieg mit Ferrari

Schon als kleiner Junge träumte der Aargauer Jean-Luc D'Auria davon, Rennfahrer zu werden. Mit 24 Jahren ist er in der Königsklasse seines Sports angekommen und hat sein erstes Rennen für Ferrari gewonnen. Dazu brauchte er aber viel Geduld – und eine Verletzung. Plötzlich jagt er sein Idol, kämpft mit einer Motorsport-Legende auf der Strecke von Misano um die entscheidenden Zentimeter. Aber dann riskiert Jean-Luc D'Auria für einmal etwas zu viel. In einer Linkskurve rammt er Bruno Spengler beim Überholversuch und vergibt so noch den Podestplatz. Nach dem Rennen geht D'Auria direkt zum Kanadier und dessen Team, um sich zu entschuldigen. 

«Wenn ich einen Fehler gemacht habe, stehe ich dazu.», sagt der 24-Jährige im Gespräch mit watson. Damit will sich D'Auria in der rauen Motorsportwelt etwas abheben. Dies tut er aber nicht nur durch seinen Charakter, sondern vor allem durch sein Talent. Im zweiten Rennen des Wochenendes fuhr D'Auria gemeinsam mit Teamkollege Stuart White gleich seinen ersten Sieg in der GT3-Meisterschaft ein.

Erster Sieg mit Ferrari – der einzigartige Weg des Schweizer Rennfahrers Jean-Luc D'Auria

Verletzung als versteckter Segen

Dabei wäre es vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen, dass er überhaupt an einem Rennen auf diesem Niveau teilnehmen kann. Denn während viele seiner Konkurrenten schon von klein auf an Kart-Rennen teilgenommen haben, ist der Weg des Aargauers «einzigartig». D'Auria wechselte nämlich erst 2021 in den Rennwagen. Zuvor war er ab dem Alter von 14 Jahren auf dem Motocross-Töff unterwegs, «aber ich hatte kein Talent». Aufgrund seiner Disziplin und seines eisernen Willens schaffte er es dennoch auf ein gutes Niveau. Er trainierte beispielsweise mit dem 2021 verstorbenen Töfftalent Jason Dupasquier, dennoch reichte es nie zu Top-Ergebnissen. Und irgendwann konnte sein Körper nicht mehr.

«Ich habe mir jeden Knochen gebrochen, den man sich brechen kann», sagt D'Auria und zählt auf: «Schlüsselbein, Arme, Beine, sogar den Nacken – und die Schulter.» Die Verletzung an letzterer erwies sich als versteckter Segen. Nach der Operation entschied er sich, das Zweirad gegen ein Vierrad einzutauschen. Davon hatte er schon lange geträumt.

Die Faszination für den Motorsport begann bei dem Schweiz-Italiener bereits früh. «Mit vier oder fünf Jahren war ich schon Fan der Formel 1, später habe ich dann auch die DTM verfolgt.» Ab da wusste der kleine Jean-Luc, dass er selbst einmal hinter dem Lenkrad eines Rennautos sitzen und Rennen fahren wollen würde. Doch der Sport ist teuer und für die Familie D'Auria finanziell nicht stemmbar. So begann er als Jugendlicher erst einmal mit dem Motocross, das er sich mit der Hilfe seiner Eltern leisten konnte. Sein Wunsch blieb aber der gleiche.

«get your engine started»

Ein Glücksfall, dass er sich nach seiner Schulterverletzung einen günstigen Gokart kaufen konnte. Dann ging alles ganz schnell. Ein guter Freund der Familie, der Beziehungen in der Rennsportwelt hat, erkannte das Talent D'Aurias und verschaffte ihm einen Platz bei einem Testtag in Cremona. Der damals 21-Jährige vermochte direkt zu überzeugen, weshalb ihn das Team Villorba Corse ans 12-Stunden-Rennen in Bahrain mitnahm.

Dort wurde D'Auria ins kalte Wasser geworfen. «Ich wusste nicht einmal, wie man das Auto startet. Als mir der Ingenieur das zeigen musste, dachte er schon, das kommt überhaupt nicht gut.» Dass man ihn zu Beginn oft belächelte und ihm nicht zutraute, ein talentierter Rennfahrer zu sein, lag auch an einem Vorurteil aus dem Motorsport. D'Auria reist immer mit seinem Vater, den er als besten Freund bezeichnet, zu den Rennen. «Wenn man an der Rennstrecke einen Sohn mit seinem Vater sieht, denken viele gleich, dass die eine Menge Geld haben müssen und der Sohn nur deshalb Rennen fahren darf.»

«Ich wusste nicht einmal, wie man das Auto startet. Als mir der Ingenieur das zeigen musste, dachte er schon, das kommt überhaupt nicht gut.»
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Es ist nicht einfach, den richtigen Weg zu finden – auf der Strasse, aber auch im Leben mit seinen vielen Verzweigungen. Jeder Weg ist individuell und oft sind es Umwege, die ihn einzigartig machen.

Vorurteile widerlegt er sofort

Dass dies bei D'Auria nicht der Fall ist, bewies er gleich in seinem ersten Rennen in Bahrain. Dort gewann sein Viererteam auf der Stufe GT4 und der Neuling einen Vertrag für die Saison 2021. Obwohl diese aus verschiedenen Gründen nicht so erfolgreich verlief, wie erhofft, weckte er das Interesse von Lamborghini. Mit dem italienischen Rennstall arbeitete er in der Folge sehr eng zusammen, wurde unter anderem Entwicklungsfahrer und Instruktor. Doch erneut hatte er in der Saison viel Pech, die Hälfte der 14 Rennen konnte D'Auria aufgrund technischer Versagen nicht beenden. Wenn er das Ziel aber erreichte, gelangen ihm fast immer Top-Resultate. 

Und so musste er gar nicht lange darüber nachdenken, als Emil Frey Racing vor dieser Saison bei ihm anklopfte. «Ich liess sie nicht einmal aussprechen und habe sofort zugesagt», erzählt D'Auria. Dass er dadurch nun in einem Ferrari sitzt, macht nicht nur ihn, sondern gleich die ganze Familie stolz. «Vor allem mein Grossvater hört gar nicht mehr auf, davon zu reden, dass ich jetzt Ferrari fahre.» Mit dem Wechsel zum Rennstall aus Safenwil, der sich für den Aargauer fast vor der Haustür befindet, ist er in der Königsklasse des Grand-Touring-Sports angekommen: der GT3-Kategorie.

Der GT-Sport unterscheidet sich nicht nur aufgrund der Fahrzeuge deutlich vom Formel-Sport. Während es in letzterem auf den beiden höchsten Stufen nur die Formel-1- und Formel-2-Weltmeisterschaft gibt, ist der GT-Sport deutlich diverser. D'Auria fährt aktuell in der italienischen GT-Meisterschaft, sein Ziel wäre neben der DTM vor allem die World Endurance Championship mit Klassikern wie dem 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Ausserdem sind auch die Unterschiede im öffentlichen Interesse frappant. Vom Hype, den die Formel 1 in den letzten Jahren geniesst, bekommen D'Auria und Co. nur wenig zu spüren.

EMIL FREY RACING IST AM START
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Wie alles begann

Rennsport in der DNA. Im Alter von nur 26 Jahren eröffnete Firmengründer Emil Frey 1924 in Zürich eine Reparaturwerkstatt für Motorräder. So legte er den Grundstein für die Emil Frey Gruppe, die 2024 ihren 100. Geburtstag feiert.

1926 wurde nach einem Treffen mit dem Jaguar-Gründer Sir Williams Lyons der weltweit erste offizielle Importvertrag mit der Marke SS Swallows (heute Jaguar) unterzeichnet. Als leidenschaftlicher Rennfahrer fuhr Emil Frey bis 1935 mit verschiedenen Motorradmarken, wobei ihm viele erwähnenswerte Siege wie der Gewinn des Grossen Preises von Europa in Genf sowie des Klausen-Rennens folgten. Er fuhr nicht nur Rennen mit den Motorrädern, sondern bereitete die Maschinen auch selbst vor. In den 1950er Jahren nahm er auch an Rallyes und am Concours d'Elegance mit Rennwagen von Jaguar und Austin teil. Für Emil Frey war der Motorsport immer die beste Plattform um seine Fachkompetenz unter Beweis zu stellen.

Emil Frey Racing

Emil Frey Racing begann in den 1960er Jahren mit dem Aufbau seiner Rennabteilung und veredelte erfolgreich Fahrzeuge wie den MINI Cooper S, den Triumph Dolomite und den Toyota Celica. Emil Frey Racing war sowohl auf der internationalen Motorsportbühne als auch im Formelsport erfolgreich. Walter Frey fuhr Rennen in der Formel 3 und Formel 2.

Ab 2012 fokussierte sich das Team auf die Entwicklung des Emil Frey GT3 Jaguars und engagierte sich im Blancpain GT Series Endurance Cup. In den Jahren 2015 und 2016 erzielte das Team Erfolge, bevor es 2017 mit dem Lexus RC F GT3 debütierte und beeindruckende Siege einfuhr.
Die Saison 2018 war besonders erfolgreich, mit dem GT3-Jaguar, der den Silver Cup gewann. 2019 wechselte das Team zu Lamborghini und gewann die International GT Open Series. In der GT World Challenge Europe stellte sich das Team 2020 mit zwei Lamborghini Huracán GT3 EVO in der PRO-Kategorie der Herausforderung. 2021 startete das Team erfolgreich mit drei Lamborghinis. 2022 nahm Emil Frey Racing an der GT World Challenge Europe, Endurance und ADAC GT Masters teil, gewann den Team-Titel in Hockenheim. 2023 startete das Team erstmals mit zwei Ferrari 296 GT3 in der GT World Challenge Europe, Sprint und debütierte in der DTM. Besonders erwähnenswert ist der Gewinn der Pit Stop Challenge in der DTM.

Sein Traum wird wahr

Jean-Luc D’Auria wird mit Emil Frey Racing im ADAC GT Masters 2024 antreten.

 «Bei dieser Reise geht es nicht nur um Geschwindigkeit; sie ist ein Beweis für Ausdauer, Leidenschaft und das Streben nach Spitzenleistungen. Meinem Traumteam beizutreten ist ein Privileg, das mich mit großem Stolz und Vorfreude auf die unglaublichen Erfahrungen erfüllt, die vor mir liegen. 😍», so D'Auria in seiner Ankündigung auf Instagram.

 

Emil Frey Racing kehrt nach einem Jahr Pause 2024 ins ADAC GT Masters zurück, parallel zum DTM-Programm. 2023 pausierte der Rennstall, um sich auf die DTM und GT World Challenge Europe zu konzentrieren. Nun setzt das Team einen Ferrari 296 GT3 ein, der damit sein Debüt in der GT3-Rennserie feiert.

2022 gewann Emil Frey Racing, damals mit drei Lamborghini Hurácan GT3, direkt die Teamwertung im ADAC GT Masters. Zudem konnten sie mehrere Rennsiege einfahren.

Jean-Luc D'Auria, ein vielversprechendes Talent der Emil Frey Racing, wird nach einer erfolgreichen Saison in der Italian GT-Meisterschaft am ADAC GT Masters teilnehmen. D'Auria konnte im Vorjahr einen Gesamtsieg in der Italian GT feiern. Wir wünschen ihm viel Erfolg auf seinem weiteren Weg.